
13 manifestierte Gäste-Syndrome
Immer höflich und nett sein gehört zu den Grundfähigkeiten von Gastro-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern. Oft ist das allerdings gar nicht so einfach. Denn es gibt ihn tatsächlich, die typischen mühsamen Gäste - und das gleich in mehrfacher Ausführung. Unsere Kollegen vom falstaff-KARRIERE-Magazin haben sich auf Symptomsuche begeben. Das Ergebnis sind 13 manifestierte Gäste-Syndrome. Das eine oder andere ist euch sicher schon mal untergekommen.
Das Gottschalk-Syndrom
"Wetten, dass?" sie sich an einen nicht abgeräumten Tisch setzen! Selbst wenn der Laden - und das wurde erprobt - zur Gänze leer ist und nur ein Tisch schmutzig, setzen manche Gäste sich zielsicher auf diesen. In der verschärften Version wird dieses Phänomen dann noch mit einem "Darf ich schon was bestellen?" gekrönt.
Das Helms-Klamm-Syndrom
Dieses Syndrom, benannt nach Herr der Ringe, sagt uns eines: Wenn sich zwei Gäste unterhalten oder begrüßen, dann immer am ungünstigsten Ort im ganzen Betrieb. Hierbei bevorzugt: vor der Schankanlage, im Eingang zur Küche oder beim Ausgang der Bar. Vervollständigt wird dieses Syndrom dadurch, dass es besonders zur Stoßzeit in Erscheinung tritt.
Das Minority-Syndrom
Relativ selten, da es nur bei À-la-carte Gruppen ab ca. acht Personen auftritt. Grundsätzlich befinden sich immer zwei Gäste dabei, die bei Großbestellungen keine Ahnung mehr von ihrem bestellten Gericht oder Cocktail haben. Selbst mehrere laute Aufforderungen bleiben ohne Erfolg – oft hilft nur ein klärendes Gespräch unter den Gästen, das immer mit "Hast du nicht ... bestellt?" beginnt. Komplett ist dieses Syndrom übrigens nur, wenn die Teller extrem heiß sind oder das Tablett sehr schwer ist.
Das Niki-Lauda-Syndrom
"Zum mitnehmen, bitte!" wird noch getoppt mit einem gegrinsten "Ich hab' ja nichts zu verschenken!". Das Problem ist nur, dass die eingepackten Speisen zu 70 Prozent im Lokal vergessen werden.

Das First-Guest-Syndrom
Symptome hier: Der Gast ist eine halbe Stunde vor der Öffnung da und nimmt mit den Worten "Lasst euch von mir nicht stören" an einem unfertigen Tisch Platz, um dann nach geschätzten vier Minuten mit einem "Kann ich schon ein Bier haben?" genau in die heiße Phase der Mise-en-place-Arbeiten hineinzustoßen.
Das Rantanplan-Syndrom
Dieses Syndrom, benannt nach dem Hund von Lucky Luke, tritt eigentlich nur in Betrieben mit großen Biergärten und freier Platzwahl auf, und zwar in folgender Form: Der Gast betritt wild diskutierend die Bühne – jeder Sitzplatz wird auf Sauberkeit, Sonneneinstrahlung und Schatten sowie Wind-Eigenheiten inspiziert, um dann nach endlosem Herumgeschnüffel wieder beim ursprünglichen Platz zu landen.

Das Sunday-100-Syndrom
Prinzipiell zahlen Gäste an Feiertagen oder bei Veranstaltungen mit dem größten Geldschein, auch wenn sie kleinere Banknoten bei sich haben. Besonders witzige Kandidaten kommentieren diesen Vorgang noch mit einem "Der Geldautomat hat es nicht kleiner" oder "Den hab ich heute frisch gedruckt". Selten so gelacht.
Das Telefon-Syndrom
Prinzipiell wird wegen Tischreservierungen immer zur Stoßzeit angerufen. Dabei gibt es mehrere Spielarten, zum einen das Quaxi-Syndrom mit der Frage "Wie wird denn das Wetter nächsten Dienstag?" Beliebt ist auch die Take-away-Variante, die so abläuft: "Kann man bei Ihnen auch zum Mitnehmen bestellen?" "Sehr gerne, was darf's denn sein?" "Was haben Sie denn?" Die Standard- und Tageskarte ist hier natürlich online verfügbar. Dann gibt es das Modell "Tischreservierung", in dem eine Tischreservierung für zwei Personen mit den Worten "Können wir aber bitte einen großen Tisch haben?!" endet. Und nicht zu vergessen das Öffnungszeiten-Syndrom: "Hallo! Ich wollte nur fragen ob Sie heute geöffnet haben?" Nein, ich bin im Lokal, weil ich kein Zuhause habe.
Das "Time Warp"-Syndrom
Ganz einfach erklärt: Was früher ein "Gespritzter Apfelsaft" war , ist heute ein "Kleiner Apfelsaft naturtrüb, ungekühlt, mit lauwarmem Leitungswasser – aber bitte in einem vorgewärmten Glas mit Stiel, ohne Henkel und einem Schuss Zitronensaft".

Das "Kill Bill"-Syndrom
... ist sehr beliebt bei russischen Gästen und lässt sich ungefähr so beschreiben: Gäste, die seit Stunden sitzen und nichts mehr bestellen, geben plötzlich Bescheid, dass sie sofort und gleich zahlen wollen. Und das bei einem selbst, allen Kollegen, Chef, Küchenhilfe, Spüler und Lehrling gleichzeitig, sodass man innerhalb von Sekunden ungefähr 30-mal "Tisch 29 will zahlen" hört.
Das Hide-and-Seek-Syndrom
Auch sehr verbreitet: Rotweinränder oder sonstige Flecken auf dem Tischtuch werden bei Verlassen des Lokals prinzipiell mit allen möglichen Tischutensilien (Menagen, Zuckerbehälter, Deko, ...) überdeckt, sodass der Tisch auf den ersten Blick sauber aussieht und Zeit bleibt, um das Lokal ohne Erklärung - die sowieso niemals erwartet oder verlangt wird - zu verlassen.
Das Draft-Beer-Syndrom
Auf die klassische Frage "Welche Biersorten haben Sie denn?", obwohl der Gast die Getränkekarte in Händen hält, folgt eine minutenlange Aufzählung sämtlicher offener und Flaschenbiere. Als Resultat kommt ein "Dann bekomme ich einen gespritzten Apfelsaft", was in der Folge das Time Warp-Syndrom (siehe oben) nach sich zieht.
Das Rest-in-peace-Syndrom
Gemeint ist hiermit die Zeit, die vom panischen "Bitte sofort zahlen!" und "Wir müssen dringend wo hin!" bis zum tatsächlichen Verlassen des Lokals verstreicht. Und diese Zeit kann sehr lange sein.
Quelle: Falstaff KARRIERE 04/2016; Autor: Ulrich Mark Patzak