Zum Wegschmeißen viel zu schade! - Blog - Hogastjob

Zum Wegschmeißen viel zu schade!

Tipps für einen nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln

95.000 Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle: So viel landet laut United Against Waste in der Beherbergungsbranche und in der Gastronomie jährlich im Müll – und das allein in Österreich! Dabei sind die nicht vermeidbaren Abfälle gar nicht miteingerechnet. Das ist eine Menge, bei der selbst hartgesottene Gastro-Profis mit den Ohren schlackern ...

 

Meistens scheitert es aber gar nicht an der Motivation, nachhaltiger wirtschaften zu wollen, sondern ganz einfach an Unwissenheit. Genau für solche Fälle gibt es sogenannte Küchenprofi[t]-Berater, die Betrieben zeigen, wie sie ihre Prozesse optimieren können. Dass damit eine ordentliche Summe Geld gespart wird, ist klar. Es geht aber auch um einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln. Um den Wert unserer Nahrungsmittel. Und darum, wie wir alle dazu beitragen können, dass weniger verschwendet wird. 

 

Du fragst dich jetzt, was du als Mitarbeiter im Hotel- und Gastgewerbe in dieser Hinsicht tun kannst? Das HOGASTJOB-Team hat einen absoluten Branchenexperten befragt.

 

Küchenprofi[t]-Berater Benedikt Zangerle im Interview

Als HOGAST-Partner berät Benedikt Zangerle unter anderem HOGAST-Mitgliedsbetriebe bei der Prozessoptimierung und Abfallvermeidung in der Küche. In einem exklusiven Gespräch verrät uns der Küchencoach und Küchenprofi[t]-Berater mehr über das sogenannte Food Waste Management und darüber, wo die schlimmsten Verschwendungsfallen lauern. Außerdem hat er einige hilfreiche Tipps parat.

 


Herr Zangerle, vielleicht könnten Sie uns zunächst einmal etwas über Ihren Werdegang in der Gastronomie erzählen – und was Sie dazu bewegt hat, Küchencoach und Küchenprofi[t]-Berater zu werden.

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Ich habe die Lehre zum Koch abgeschlossen und habe dann einige Saisonen in Tirol und Vorarlberg verbracht. Nach der Ableistung meines Präsenzdienstes 1986, bin ich für sechs Jahre in die Schweiz auf Saison gegangen. Schon damals waren Lebensmittel in der Schweiz viel teurer als in Österreich. Abgesehen davon, dass man zu jener Zeit noch lernte, viel wertschätzender mit Lebensmitteln umzugehen, wurde auch großes Augenmerk auf effiziente Verwertung gelegt. Diese Jahre waren eine sehr prägende Zeit für mich, und dieses Wissen begleitet mich nun schon ein Kochleben lang. Zurück in Österreich absolvierte ich die Konzessionsprüfung und war einige Jahre selbstständig. Ich führte mit meiner Frau eine Frühstückspension und war natürlich immer „auf Saison“. Auch absolvierte ich die Ausbildung zum diätetisch geschulten Koch und war lange Jahre Mitglied im Club der Paznauner Köche. 2009 zog ich mit meiner Familie ins Mühlviertel, und 2013 machte ich mich mit meiner Firma Küchenconsulting Benedikt Zangerle selbstständig. Der Zufall wollte es, dass ich 2015 im Internet auf Küchenprofi[t] gestoßen bin. Das passte natürlich perfekt in mein Portfolio der Prozessoptimierung in der Profiküche.
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Was bedeutet Food Waste Management und welche Vorteile ergeben sich daraus für Hotel- und Gastronomiebetriebe?

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Ich verstehe überhaupt nicht, dass bei Zulieferern und Produzenten bei Verhandlungen jeder Cent herausgequetscht wird. Andererseits aber werden wertvolle und teuer eingekaufte Lebensmittel im täglichen Betrieb oft unbemerkt und unnötig weggeworfen. Dahinter steckt allerdings keine Absicht. Meist sind es Schlampigkeit, fehlendes Fachwissen oder ganz einfach fehlende Wertschätzung, die dazu führen. Küchenprofi[t] zeigt diese Schwachstellen auf und bietet durch fundiertes Fachwissen Hilfestellungen, um mit oftmals einfachen Maßnahmen große Verbesserungen zu erreichen.
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Wie stehen Sie zum Thema Nachhaltigkeit – ein Wort, das im Moment in aller Munde ist? Provokant gefragt: Glauben Sie, dass das ein Trend ist, der bald wieder von der Bildfläche verschwinden wird?

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Nachhaltigkeit – ich formuliere es anders: „nachhaltiges Wirtschaften“, denn das sagt viel mehr aus – ist auch mein Ziel! Und es ist kein Trend, es ist ein betriebswirtschaftliches „Must-do“, wenn Betriebe im ständig härter werdenden Wettbewerb bestehen wollen. Das geht aber weit über „Food Waste Management“ hinaus. Effiziente Prozessoptimierung, festgelegte Standards, der Einsatz moderner Koch- und Küchentechnik und die Schulung der Mitarbeiter: Erst ein Zusammenspiel all dieser Aspekte macht den modernen Betrieb fit für die Zukunft. So nebenbei lässt sich damit auch Mitarbeitermangel und Minderqualifikation entgegensteuern.
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Bei welchen Betrieben sehen Sie das größte Einsparpotenzial in Sachen Food Waste?

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Es gibt keine spezifischen Betriebsformen, die sich beim Food Waste von anderen abheben. Generell sind alle Arten von Buffets und Selbstbedienungseinrichtungen problematisch.
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Woraus setzt sich der Hauptteil vermeidbarer Lebensmittelabfälle zusammen? Wieso wird so viel verschwendet?

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Meist sind es Salate, Gemüse und Sättigungsbeilagen. Brot ist immer ein großes Thema. Viele Küchenchefs und Unternehmer haben nur den Fleischanteil im Blick, dabei schlummert in anderen Bereichen das größere Einsparungspotenzial. Die Gründe für zu viel Lebensmittelabfall sind vielfältig: Gästeverhalten oder, wie bereits erwähnt, der Faktor Mitarbeiter, unpassendes Geschirr, schlechte Buffetbetreuung, veraltete Infrastruktur, schlechte Kühlungen, etc.
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Warum sind speziell Buffets problematisch?

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Auch hier gibt es Unterschiede. Viel hängt von der Gästeschicht ab. Generell fallen bei gut betreuten Buffets, bei denen ständig Mitarbeiter anwesend sind, weniger Lebensmittelabfälle an. Meist lassen sich durch einfache Maßnahmen wie das Bereitstellen kleinerer Teller und Salatschüsseln und den Einsatz der richtigen Schöpfwerkzeuge leicht Verbesserungen erzielen. Generell ist allerdings die Sinnhaftigkeit von Buffets gerade in der jetzigen Situation zu hinterfragen. Auch die überbordende Vielfalt am Buffet bewirkt oftmals viel Lebensmittelabfall. Ich erkenne und begrüße einen Trend weg vom Buffet – oder zumindest hin zur Straffung des Angebots.
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Lassen die Gäste immer die gleichen Lebensmittel – etwa Beilagen – übrig?

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Leider sind manchmal die Augen größer als der Magen. Das liegt in der Natur des Menschen. Weite Wege zum Buffet laden den Gast ebenfalls dazu ein, mehr zu nehmen als dann gegessen werden kann. Dabei spielt die Art des Lebensmittels weniger eine Rolle.
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Auch in Sachen Portionsgrößen gibt es oft Optimierungspotenzial. Wie lässt sich die Einstellung vieler Gäste („Lieber zu viel als zu wenig am Teller!“) mit einer effizienten Planung vereinbaren?

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Das ist je nach Region sehr verschieden. Aber glücklicherweise ist die Zeit der Riesenschnitzel, die über den Tellerrand hängen, vorbei. Eine ehrliche Deckungsbeitragsberechnung der Gerichte lässt so machen Gastronomen erbleichen. In meinen Seminaren stelle ich immer wieder fest, dass hier noch großes Potenzial für Verbesserungen herrscht und dass die Küchenchefs und Patrons dankbar für leicht umsetzbare Hilfestellungen sind.
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Es bleibt am Ende des Tages trotz aller Maßnahmen doch etwas übrig: Gibt es Tipps für die Weiterverwertung?

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Durch den Einsatz moderner Technik wie Schockfrosten oder Schnellkühlen und die Anwendung moderner Gartechniken wie etwa Sous Vide, lassen sich Über- und Unterproduktionen auf ein Minimum reduzieren. Wer ganz schlau ist, passt sein Menüangebot so dem Bedarf an, dass alles, was nicht zum Gast kommt, gut gekühlt bleibt – und am nächsten Tag im Menüplan oder à la Carte Verwendung findet. In meinen Workshops zeige ich interessierten Teilnehmern, wie das im täglichen Betrieb funktioniert und wie effizient und einfach es eigentlich ist.
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Können moderne Technik und Digitalisierung zu mehr Effizienz und Nachhaltigkeit beitragen?

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Ein absolutes Muss in der modernen Küche! Aufzeichnungen und Kontrollen aller Art, beispielsweise HAACP und Temperaturchecks, lassen sich heute übers Handy erledigen. Der Bondrucker ist Schnee von gestern. Bildschirmsysteme ersetzen die Annonce durch den Küchenchef. Dadurch wird es leiser in der Küche, und die Fehlerquote sinkt gegen Null. Digitale Bestellsysteme sollten heute Standard sein. Ab einer bestimmten Betriebsgröße ist ein Warenwirtschaftssystem ein immenser Vorteil.
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Die Optimierung der Prozesse passiert meist nicht von einem Tag auf den anderen. Könnten Sie uns ein paar Beispiele nennen, wie kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen aussehen könnten?

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Zu Beginn steht immer ein Betriebscheck, und hierzu bietet der Küchenprofi[t] eine gute Basis. Der Vorteil dabei ist, dass relativ unbemerkt von den Mitarbeitern hinter die Kulissen geschaut werden kann. Und dann hängt die weitere Vorgehensweise stark von der jeweiligen Betriebsstruktur, der Mitarbeitersituation, dem Zustand der Küche und vielen anderen Parametern ab. Kurzfristig lassen sich meist mit Hygiene- und Anwendungsschulungen Erfolge erzielen. Mittelfristig stehen der Ersatz oder die Anschaffung von Geräten und deren richtige Anwendung im Vordergrund. Langfristig kann auch ein Küchenumbau oder -neubau nötig sein.
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Wie sieht Ihre Arbeit aus – speziell auch mit den Küchenteams vor Ort? Wie kann man sich den Ablauf der Coachings vorstellen?

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Immer auf Augenhöhe – von Koch zu Koch! Es muss Spaß machen! Ich versuche die Leute auf eine Reise mitzunehmen und arbeite auf ein Ziel hin, das zusammen mit den Verantwortlichen im Vorfeld klar definiert wurde. Dieses Ziel ist sehr individuell. Jeder Coaching-Tag ist anders, genauso wie jeder Betrieb anders ist.
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Beim Wort Food Waste denkt man zunächst einmal an die Küche. Kann auch der Service zu mehr Nachhaltigkeit im Umgang mit Lebensmitteln verhelfen?

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Selbstverständlich! Zu viele vorgeschnittene Zitronen, faule Früchte oder verwelkte Pfefferminze an der Bar. Zu viel gebrühter Filterkaffee, oder achtlos weggeworfene Zuckerportionen. Zu große Gläser an der Saftbar ... Auch hier sind schnell hunderte Euro pro Jahr vernichtet.
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Können wir Ihnen ein paar Tipps entlocken, die unsere Leser in der Profiküche oder zu Hause umsetzen können?

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Achtet darauf, wie Lebensmittel in der Küche verarbeitet werden! Wie werden beispielsweise Paprikaschoten vorbereitet, wie werden Kartoffeln geschält, und was landet davon in der Mülltonne? Vorsicht bei Kartoffelschälmaschinen, das sind echte Lebensmittel-Vernichter! Wie viel wird bei der Salatvorbereitung weggeschnitten? Tipp: Lollosalat und Kopfsalat. Kontrolliert regelmäßig die Biotonne! Beobachtet die Gäste und auch, was am Buffet passiert! Passt das Gästegeschirr am Buffet noch, und wie lange stehen die Lebensmittel schon dort?
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Die 6 Gebote des Food Waste Management

Zum Abschluss möchte uns Benedikt Zangerle noch die sechs Gebote des Food Waste Management mit auf den Weg geben: 

 

1.       Kaufe nur ein, was du auch wirklich brauchst.

2.       Achte alle Lebensmittel, wirtschafte sorgsam.

3.       Produziere in der Zeit, dann hast du im Stress.

4.       Nutze moderne Technik, und wende sie richtig an.

5.       Überlege dir vorher, was du mit den Resten machst.

6.       Geh mit gutem Beispiel voran, und deine Kollegen werden dir folgen.

 

 

Du willst selbst auch einen Beitrag zur Abfallvermeidung und zum nachhaltigen Wirtschaften im Hotel- und Gastgewerbe leisten? Dir fehlt allerdings noch die passende Arbeitsstelle dazu? Dann erstelle gleich dein Profil auf HOGASTJOB, und du bist im Nu am besten Weg zum Traumjob! 

 

Und wer weiß: Vielleicht hast du sogar bald die Gelegenheit, bei einem Coaching von Benedikt Zangerle in einem HOGAST-Mitgliedsbetrieb dabei zu sein …

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